Montag, 11. April 2016

Kapitel 4, Part 2



Der Wald schien beinahe kein Ende zu nehmen und bildete ein grünes Meer, welches sich weit in alle Himmelsrichtungen ausbreitete. Die ersten Tage waren für Karas noch magisch gewesen, die Faszination schien ihn tatsächlich nicht mehr aus seinem Bann zu lassen. Unter dem Blätterdach wimmelte es nur so vor Leben, ein Umstand den er sich von der Mauer aus zwar hätte denken können, aber von dort oben nie selbst erkennen konnte Viele verschiedene Tiere kreuzten seinen Weg und hätte er vor seiner Reise nicht so ausgiebig die Schriften studiert und seinem Mentor zugehört, so hätte er nicht gewusst, welche Arten seinen Weg kreuzten.  Insekten umschwirrten ihn zu Hunderten, Wild trabte an ihm vorüber und keines der Tiere schien auch nur ein Mindestmaß an Furcht vor ihm zu haben.
Wie auch? Ich bin vermutlich der erste Mensch, den all die Tiere hier zu sehen bekommen.
Er lernte früh, wie ermüdend eine fliegende Armee von Stechmücken sein konnte und entdeckte, dass Feuer in den Nächten sein bester Freund war. Eine besonders erheiternde Situation hatte er an seinem dritten Morgen, als ein Rehkitz mit interessierter Zunge über seine Wange fuhr und ihn aufschrecken ließ. Mit seiner ruckartigen Bewegung verscheuchte er das Tier, was ihm direkt unglaublich leidtat, aber es zeigte ihm auch deutlich, dass sich die Waldtiere und er nicht sonderlich unterschieden. Beide Arten mussten sich erst kennenlernen und jeder machte dies auf seine eigene Art und Weise. Karas unterbrach mehrfach seinen Marsch um sich besondere Ereignisse länger anzusehen und mit offenen Augen zu bestaunen. Noch am ersten Tag hatte er das Glück, zwei kleinen Braunbären bei einer unbeholfenen Jagd nach Fischen in einem Bach zusehen zu dürfen, doch er wollte es nicht riskieren, den gefährlichen Eltern über den Weg zu laufen und setzte daher seine Reise zügig fort. Manchmal huschten Eichhörnchen oder Kaninchen über den Pfad, immer auf der Suche nach etwas Essbarem. Karas widerstand dem Drang, Jagd auf ein Tier zu machen um sich an dessen Fleisch zu laben, ganz einfach, weil es sich für ihn so falsch anfühlte. Stattdessen lebte er von seinen mitgeführten Klosterrationen sowie Pilzen und Kräutern, die überall im Wald leicht zu finden waren. Dafür konnte er ein reines Gewissen sein Eigen nennen, seinen tierischen Begleitern kein Leid zugefügt zu haben.
Doch so schön seine ersten Anfangstage in der weiten Welt auch gewesen sein mochten, so monoton entwickelten sie sich darauffolgend. Selbst der größte Neuling hatte sich irgendwann an der Natur satt gesehen und war mit seiner Umgebung irgendwann vertraut. Zudem wurden die Baumkronen dichter und ließen nach und nach immer weniger Sonnenstrahlen zu Karas nach unten. Wo zu Beginn der Wald noch hell und freundlich beleuchtet war, tapste der junge Mönch nun zusehends durch dunkle Gegenden und musste ungemein aufpassen, bei der Dämmerung nicht über Steine und Wurzeln zu stürzen. Allein dieser Umstand bremste den Adepten auf seiner Reise vermehrt aus und staute täglich den Frust auf. Lichtungen, an denen liebliche Sonnenstrahlen auf ihn warteten oder in denen er nachts den hellsten Stern für seine Orientierung suchen konnte, wurden eine Rarität und ließen ihn daran zweifeln, der richtigen Himmelsrichtung auch wirklich zu folgen. Selbst die Idee, auf einen Baum zu klettern und von oben über das Blätterdach zu schauen, entpuppte sich als deprimierende und kräftezehrende Angelegenheit ohne wirkliche Antwort. Die dunkelgrüne See erstreckte sich auch weiterhin in Richtung Horizont, ein Ende war nicht in Sicht. 



Ich bin von Open Office zu Word gewechselt, deswegen ist die Formatierung nun eine leicht andere. Ich hoffe aber, dass dies kein Problem ist! In jedem Fall viel Spaß beim weiterlesen =)

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