Dienstag, 8. März 2016

Kapitel 1, Part 1

Mit weit aufgerissenen Augen und klopfendem Herzen saß Karas in seinem Bett. Auf seinem nackten Oberkörper perlte der Schweiß und sein Brustkorb hob und senkte sich im schnellen Rhythmus. Das intensive Dröhnen in seinem Hinterkopf wich echtem Schmerz als er aus seinem Albtraum aufgeschreckt war und sich blitzschnell in die senkrechte Position begeben hatte. Karas vergrub das Gesicht in den Händen, als ihn die Pein zu überwältigen drohte. Sein Mund war staubtrocken, die Muskeln brannten überall und leichter Schwindel setzte ein.
Was ist mit mir geschehen, oh Allmächtiger?
Er zwang sich die Beine über das Bett zu schwingen und den Kopf eisern oben zu halten. Mit seinem ganzen Willen stemmte er sich gegen die Kopfschmerzen und dem drohenden Zusammenbruch des Kreislaufs. Er atmete tief durch, mit langen und klaren Atemzügen.
Der aufgewühlte Körper schien sich langsam zu beruhigen und der zuvor verschwommene Blick klärte sich wieder.
Ein Albtraum. Es war nur ein Albtraum. Ruhig, ganz ruhig.
Er war in seinen eigenen persönlichen Gemächern und damit in Sicherheit. Seine eigenen spartanischen vier Wänden; eine etwas zu groß geratenen Abstellkammer ohne jegliche Anzeichen von persönlichem Eigentum. Schatten tanzten durch den Raum, als die kleine Laterne in der Raumecke von einem Windzug aus dem Fenster quietschend ins Wippen gebracht wurde. Das Licht der kleinen Flamme kämpfte verzweifelt gegen die nächtliche Dunkelheit an und spendete trotz allem ein wenig flackernde Helligkeit.
Karas griff sich einen Holzbecher vom Tisch neben seinem Bett und spülte sich mit einem Schluck Wasser die Trockenheit aus dem Mund. Das Dröhnen in seinem Hinterkopf verschwand allmählich und ließ ihn leise seufzen.
Alles fühlte sich so real an...
Er fröstelte und entschied sich, die nagenden Gedanken aus seinem Geist zu verbannen.
Shabanach wacht über uns. Ein ausgeglichener Verstand führt zu einem ausgeglichenen Herzen. Es gibt keinen Grund sich zu fürchten.
Mit einem Ächzen erhob sich Karas und griff sich seine Kleider – eine braune Robe aus dickem und modrig riechendem Stoff sowie einem Paar abgetragener Lederstiefel.
Obwohl die Temperaturen in der jetzigen Jahreszeit warm und angenehm sein sollten, konnten vor allem in der Nacht frostige Böen über das Gebirge hinwegziehen. Er mochte sein altes Gewand und besonders in diesem Moment dankte er dem Herrn für sein Erbarmen, ihm ein Dach über dem Kopf und warme Kleider geschenkt zu haben. Ein bisschen klare Luft hatte noch niemandem geschadet und deshalb entschied sich Karas, seine Gemächer für die Mauer auszutauschen und dem unschuldigen Heulen des Windes zu lauschen. Mit seinem Daumen und dem Zeigefinger griff Karas in die Laterne hinein und erlöste die Flamme von ihrem Gefecht gegen die Tageszeiten.
Mit einem Quietschen schwang die schwere Tür auf. Karas erstarrte und wartete, ob das Geräusch möglicherweise jemanden geweckt hatte, aber Stille antwortete ihm.
Alles ist so ruhig, so friedlich.
Mit einem geschulten Griff zog er sich die schwere Kapuze über den Kopf und machte sich mit gezielten Schritten auf den Weg zur Mauer. 


Fortsetzung des ersten Kapitels folgt in den nächsten Tagen! 

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